"Ich bin niemand, der tanzen geht, der Sport macht, oder der früh aufsteht."
"Ich bin niemand, der strukturiert ist - ich vertraue auf meine Intuition." "
"Es kann sich nur jeder selber helfen, ich brauche niemanden."
"Leute, die ehrgeizig sind, mag ich nicht", oder
"Für mich ist alles ein Wettkampf und ich muss gewinnen".
Jeder hat ein Bild von sich - wer er ist - und wer er nicht ist. Wir identifizieren uns mit bestimmten Eigenschaften in uns, mit anderen sind wir in Konflikt. Und meist auch mit den Leuten, die diese Eigenschaften verkörpern.
Wir lernen früh, bestimmte Gefühle mit gutem Gewissen zu verkörpern, andere sind tabu, oder wir erleben sie nur mit Scham oder schlechtem Gewissen.
In unserer frühen Kindheit merken wir, mit welchen Gefühlen und Persönlichkeitsanteilen wir dazu gehören dürfen und mit welchen wir abgelehnt werden. So entwickelt sich in jedem von uns der individuelle Ausdruck seiner Persönlichkeit.
Persönlichkeit ist so gesehen eine Sammlung von Gewohnheiten, mit denen wir uns sicher fühlen können.
Die Eigenschaften und Gefühle, die in unserer Persönlichkeit keinen Platz haben, über die haben wir Wertungen und Urteile.
Diese Wertungen und Urteile bestimmen darüber womit wir in Beziehung gehen und wo mit wir in Konflikt sind.
In uns - und mit anderen.
Wie wir uns gerne sehen - positive Verstärkung
Alles was zu meinem Selbstbild gehört, mache ich automatisch und immer wieder. Ich fühle mich wohl damit. Und auf ganz natürliche Weise werde ich in den Sachen, die mit meinem Selbstbild zusammenhängen mit der Zeit richtig gut.
Da ich damit richtig gut werde, macht es umso mehr Spaß.
Da ich weiß, daß mir etwas gelingt, nehme ich es gerne wieder auf.
So entsteht auf der Seite eine positive Verstärkung, die wiederum dazu führt, daß wir gern innerhalb unserer Identität existieren.
Oder einfach gesagt - was zu unserem Selbstbild gehört, machen wir ständig - was nicht zu unserem Selbstbild gehört, machen wir nie oder unwillig.
Das kann ich nicht - negative Verstärkung
Wenn wir überzeugt davon sind, daß bestimmte Dinge nicht zu unserer Identität gehören, dann machen wir sie auch nicht mehr. Probieren wir sie dann doch einmal, klappt es natürlich nicht so gut. Das ist dann schnell wieder der Beweis dafür, daß wir diese Dinge ja schließlich nicht können. Und schon geben wir auf.
Das ist die Schlaufe, in der sich unsere Persönlichkeit immer wieder beweist, daß sie Grenzen hat, die sie nicht überschreiten kann. Daß man sich nicht ändern kann. Daß man nun mal ist, wer man ist. Und in der Regel sind die Dinge, die wir nicht gerne probieren mit negativen Erfahrungen in der Vergangenheit verbunden.
So prägen die inneren Glaubenssätze unserer Persönlichkeit stark unser Verhalten und erzeugen tief sitzende Muster in unserem Leben.
Innere und äußere Konflikte
Unser enges Bild von Persönlichkeit bringt uns ständig in Konflikt. Sowohl mit uns selber, als auch mit anderen. Alles was außerhalb unserer Persönlichkeit liegt, macht uns Stress - ist uns unangenehm.
Wir schämen uns für Gefühle, die wir haben oder machen Dinge mit schlechtem Gewissen.
Und wir treffen immer wieder auf Menschen, die die Eigenschaften verkörpern, die wir in uns selber nicht haben wollen. Überall dort entsteht Konflikt in Beziehungen. Überall dort haben wir Wertung und Urteil.
So hat die Identifikation mit diesem engen Bild von Persönlichkeit einen hohen Preis.
In der Achtsamkeit gibt es ein anderes Bild von Persönlichkeit und damit auch eine andere Haltung sich selbst und anderen gegenüber.
Ein anderes Bild von Persönlichkeit
Die Haltung der Achtsamkeit identifiziert sich mit allem was in mir existiert - mit der ganzen Persönlichkeit. In dieser Haltung nehme ich alle Gefühle und Persönlichkeitsanteile in mir als zugehörig und wertvoll an.
Das Urteil und die Wertungen gegenüber mir selbst und den zu mir gehörenden Gefühlen und Persönlichkeitsanteilen setze ich aus.
Selbstkritik und Selbstverurteilung gehört zu den größten Stressoren, die wir in unserem Leben haben.
Ich gehe mit allem in Beziehung was zu mir gehört - vor allem auch mit den Anteilen, die ich normalerweise nicht sehen will, weil ich Angst vor ihnen habe.
Indem ich mit allen meinen Anteilen in Kontakt gehe, verändert sich meine Beziehung zu ihnen. Mein Urteil hört auf und ich bekomme einen Blick darauf in welcher Weise diese Gefühle und Persönlichkeitsanteile in mir konstruktiv und wichtig sind.
Diese Integration nicht gesehener Anteile bringt mich Stück für Stück in ein stabiles inneres Gleichgewicht. Das Bild meiner Persönlichkeit wird weiter, meine inneren Konflikte werden dadurch kleiner. Und damit werden auch meine Konflikte mit anderen weniger. Denn die Konflikte, die ich mit anderen Menschen habe sind nur ein Spiegel der Konflikte, die ich in mir trage.
Unsere wahre Natur
Aus der Sicht der Achtsamkeit ist unsere Persönlichkeit sozusagen nur eine einengende Gewohnheit.
Unsere wahre Persönlichkeit ist ganz. Diese Ganzheit anzuerkennen und wieder zuzulassen ist ein tiefer Heilungsprozess und für mich ein ganz zentraler Aspekt von Achtsamkeit.
Daher ist ein Zitat von Friedrich Nietzsche für mich ein ganz wesentlicher Leitsatz geworden -
Werde, der du bist.