Empathie - die Bereitschaft und Fähigkeit, sich in die Einstellungen anderer Menschen einzufühlen.
Empathie ist eine entscheidende der Grundfähigkeit für gelungene Beziehungen. Die vier Qualitäten von Empathie sind:
1) Die Fähigkeit, die Perspektive einer anderen Person als ihre Wahrheit anzuerkennen.
2) Nicht über diese Person und ihre Wahrheit zu urteilen.
3) Emotionen beim anderen Menschen zu erkennen und zu kommunizieren.
4) Empathie ist das Fühlen mit dem Menschen.
ad 1) Zuhören
Zuhören und dem anderen den Raum geben sich zu zeigen ist ganz wesentlich, um einen anderen Menschen verstehen zu können. Solange wir nicht zuhören, haben wir nur ein Konzept von dem Menschen uns gegenüber, das mehr mit uns zu tun hat, als mit dem Menschen selber. Das gilt insbesondere, wenn wir glauben jemanden zu kennen. Dann glauben wir auch zu wissen, warum er so handelt und denkt, wie er es tut.
Erst, wenn wir wirklich zuhören, können wir die Wahrheit eines anderen Menschen verstehen. Je länger wir zuhören, desto besser können wir die Welt aus seinen Augen erleben und uns mit seiner Wahrheit verbinden. Auch wenn unsere Wahrheit eine andere ist.
Im Konflikt geht diese Grundbedingung für gelungene Beziehung schnell verloren. Wir wollen vom anderen nicht mehr hören, wie die Welt aus seiner Sicht ausschaut, wir wissen es besser als unser Gegenüber. Findet man keinen Weg sich wieder zuhören und vertrauen zu können, findet man auch keinen Weg zurück in die Beziehung.
Zuhören schafft die Basis dafür, mit dem anderen Menschen tatsächlich in Beziehung zu treten. Ohne zuhören ist Beziehung Illusion.
Es ist ungewohnt, jemanden nicht zu unterbrechen - nichts anzumerken, nichts zu ergänzen oder gleich etwas von sich zu erzählen, weil ein wichtiger Gedanke oder eine interessante Assoziation auftaucht, der vielleicht dazu paßt. Aber wenn man es ausprobiert erkennt man, daß zuhören und nachfragen eine Basis für tief befriedigende Kommunikation und tatsächliches Verständnis ist.
ad 2) Vertrauen
Wenn ich zuhöre und über den anderen nicht urteile, sondern zum Ausdruck bringe, daß ich verstehe, entsteht Vertrauen und Sicherheit. Erst wenn sich jemand sicher fühlt, kann er sich wirklich entspannen, kann sich tatsächlich öffnen und dabei auch über Gefühle und Probleme reden, die ihm nahe gehen.
Wenn man spürt, daß man beurteilt wird, und sei es nur durch Mimik und Körpersprache, wird Beziehung sofort unterbrochen und der andere zieht sich zurück. Das Gespräch wird oberflächlicher oder vielleicht schnell beendet. Nur wo ich sicher sein kann, daß ich mich zeigen kann wie ich bin, kann ich in Beziehung gehen. Nur wo ich nicht urteile und sicher sein kann nicht beurteilt zu werden, entsteht Beziehung.
ad 3) Gefühlsebene
Oft scheint es so, als wäre der Inhalt der Worte wichtig, wenn wir miteinander reden. Aber der Inhalt der Worte ist bei Kommunikation relativ nebensächlich. Die Emotion in der ich spreche, gibt dem was ich sage seine Bedeutung. Begegnung und Gespräch ist immer zuerst ein emotionaler Austausch. Die Sachebene ist für das Erleben der Begegnung im Vergleich dazu relativ unwichtig.
Bezieht man sich also im Gespräch auf die Gefühlsebene - auf das, was man beim anderen emotional wahrnimmt - und nicht auf die Worte, dann fühlt sich der andere zurecht gesehen und verstanden. Denn er wurde sozusagen erkannt. Seine Absichten, Motive, Bedürfnisse, Wünsche - das alles versteckt sich im Ausdruck, nicht im Inhalt dessen was gesagt wird.
Wann immer man ein Gefühl anspricht, das man im Gegenüber wahrnimmt, entspannt sich etwas in ihm. Diese Entspannung schafft Beziehung und Verbindung.
ad 4) Einklang
Zuhören, Vertrauen und das Ansprechen der Gefühlsebene münden darin, daß ich "mit dem anderen" fühle. Wenn ich mich wirklich auf einen Menschen einlasse und präsent bin, fühle ich was er fühlt. Denn durch die sogenannten Spiegelneuronen werden in meinem Gehirn die gleichen Gefühle ausgelöst, die in ihm sind.
Es entsteht so etwas wie Einklang. Alles synchronisiert sich. Man wird sozusagen eins. Diese Form der Begegnung ist die tiefste Form von Beziehung, die im Gespräch möglich ist. Wo immer sie stattfindet, vertieft sie Beziehung und schafft bleibendes Vertrauen.
Die Bereitschaft auch bei schwierigen Gefühlen mitzufühlen ist dabei ganz besonders verbindend.
Das Grundgefühl das entsteht, ist in einem Satz zu beschreiben: "Ich bin nicht allein."
Beenden möchte ich den heutigen Eintrag mit einem Zitat von Thich Naht Hanh, das ich immer wieder gerne zitiere, denn es faßt das was ich oben geschrieben habe sehr treffend zusammen:
"Wir werden dasitzen und so aufmerksam zuhören, dass wir wirklich wahrnehmen
können, was die andere Person sagt und auch, was sie nicht sagt."