Ich möchte am Beispiel eines Hockers erklären, wie achtsame Wahrnehmung funktioniert. Ein Hocker steht auf drei Beinen.
Und so einen Hocker, den kann man auf fast jeden Untergrund und jedes Terrain stellen - er ist immer stabil.
So verhält es sich mit der achtsamen Wahrnehmung auch. Die achtsame Wahrnehmung ist wie ein Hocker, der auf drei Beinen steht. Wenn es gelingt in eine achtsame Wahrnehmung zu kommen, bringt einen nichts so leicht aus dem Gleichgewicht.
Wie funktioniert unsere Alltagswahrnehmung?
In unserer Alltagswahrnehmung sind wir oft gestresst - wir haben viel zu tun - oft zu viel. Die To Do's des Tages werden alle im Kopf verwaltet. Und wenn wir gerade mal nichts zu tun haben, dann denken wir schon an das nächste - oder daran was gerade vorher nicht so gut gelaufen ist.
Irgendwann haben wir das Gefühl, wir kommen aus unserem Kopf nicht mehr raus. Wir grübeln dann in jeder freien Sekunde über irgendwelche Dinge nach, die waren oder sein werden - und so rauben uns unsere Gedanken in Folge oft die Möglichkeit zu entspannen, einfach zu sein und oft auch einschlafen zu können und uns so zu erholen.
Mit unseren Gefühlen sind wir im Alltag oft in Konflikt. Wir wollen bestimmte Gefühle nicht haben und fragen uns, warum wir sie haben. Das macht noch mal zusätzlich Stress und gibt den Gedanken noch mehr zu tun.
Und unseren Körper, den ignorieren wir gern.
Ein einbeiniger Hocker
So ein Leben im Kopf ist wie ein einbeiniger Hocker. Er steht - irgendwie. Aber es ist anstrengend ihn im Gleichgewicht zu halten.
Die Gedanken sind übermächtig und wir haben die Fantasie, daß wir sie am liebsten loswerden wollen. Daher ist es auch so angenehm sich dann am Abend wenigstens abzulenken und oft auch zu betäuben. Doch die Gedanken werden dadurch leider nicht weniger.
Dabei ist an den Gedanken nichts falsch. Gedanken sind gut - sie gehören zu uns. Wir brauchen sie. Sie können etwas, was der Körper und die Gefühle nicht können.
Es fehlt nur etwas - die zwei anderen Beine - und damit das Gegengewicht zu den Gedanken. Solange die anderen Beine fehlen, sind wir nur in einem labilen Gleichgewicht. Das macht Stress und kostet viel Kraft. Ein Gefühl, daß wir nur zu gut kennen aus unserem Alltag.
Unsere Gefühle - das zweite Bein
Wie schon erwähnt sind wir mit unseren Gefühlen oft in Konflikt. Wenn wir mit unseren Gefühlen in Konflikt sind, dann lassen wir sie nicht zu. Das heißt, daß wir mit uns selber in Konflikt sind. Wir fragen uns dann "warum" wir bestimmte Gefühle haben, statt sie einfach nur zu fühlen und und zuzugestehen, daß wir sie haben - und daß das okay ist.
Wenn wir uns unsere Gefühle erlauben, statt Urteile oder Wertungen über sie zu haben - und damit auch Urteile und Wertungen über uns selbst, tritt sofort Entspannung ein.
Wenn wir uns selber erlauben so zu sein wie wir sind. Wenn wir zu allen unseren Gefühlen ja sagen können.
Und das Interessante ist: In dem Moment wo ich zu all meinen Gefühlen ja sagen kann , wird der Verstand wieder ruhig. Denn er versucht nicht mehr mit den Mitteln des Verstands etwas zu lösen, was nur die Gefühle lösen können.
Unser Körper - das dritte Bein
Unser Körper ist ein unglaublich wesentlicher Teil unserer Wahrnehmung. Er meldet sich auch oft zu Wort.
Indem er zum Beispiel Erschöpfung zeigt - oder Müdigkeit, Hunger, Schmerzen, Verspannungen oder auch Krankheitssymptome.
Damit meldet uns unser Körper sehr präzise, wann es eigentlich zu viel ist - wann die Grenze überschritten ist, daß wir uns wohl fühlen. Doch diese Grenze ignorieren wir oft im Alltag. Zu wenig Schlaf über lange Zeit, Schmerzen, egal - die Tablette wird es richten, körperliche Erschöpfung - es muss aber noch gehen. Gesunde Ernährung? Keine Zeit. Ich muss noch weiter funktionieren, und so weiter.
So führen wir auch einen Kampf gegen unseren Körper und gegen unser eigenes Wohlbefinden.
Lernen wir die Signale unseres Körpers wieder zu spüren, wahrzunehmen und vor allem auch zu achten, bekommt unser Hocker sein drittes Bein.
Bewusstsein für die drei Beine
Achtsame Wahrnehmung beginnt dort, wo unser Bewusstsein lernt, Gedanken, Verstand und Gefühle gleich zu achten. Dann wird unsere Wahrnehmung wie ein Hocker mit drei Füssen. Dann bringt uns so schnell nichts mehr aus dem Gleichgewicht.
Mit dieser Form der achtsamen Wahrnehmung sind wir mit uns im Einklang - spüren uns - und können gut auf unsere eigenen Bedürfnisse achten.
Und so können wir unsere eigenen Bedürfnisse in Einklang bringen mit den Bedürfnissen der Welt, in der wir so leben.