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Alarm, Antrieb und Beruhigung

Es gibt in der Achtsamkeit ein schönes Modell, eine Perspektive, durch die ich auf mein eigenes Leben schauen kann. Wir existieren alle immer in einem von drei Wahrnehmungssystemen. Im Alarmsystem, im Antriebssystem oder im Beruhigungssystem.

Alarm, Antrieb und Beruhigung I Achtsamkeit Blog

Die drei Systeme unterscheiden sich ganz einfach darin, wo unser innerer Fokus liegt. Und wo unser innerer Fokus liegt, bestimmt, wie wir uns fühlen und die Welt wahrnehmen. Wofür diese drei Systeme stehen, das sieht man recht schön an der Darstellung mit der drei Katzen.


Alarmsystem


Im Alarmsystem liegt mein Fokus auf dem, was mir Angst macht. Solange dieser Fokus da ist, egal ob er von außen oder von innen kommt, kann ich mich nicht beruhigen. Wie kann ein Angstfokus von innen kommen? Beispielsweise durch negative Gedanken, angstvolle Erwartungen, Glaubenssätze, oder indem ich mich beispielsweise selbst klein mache und mir nichts zutraue.


Äußere Faktoren, die Angst auslösen, sind menschliche Konflikte, Gefahrensituationen, Unsicherheit, das Gefühl eine Situation nicht kontrollieren zu können, die Erfahrung in ähnlichen Situationen verletzt worden zu sein und auch, dass ich überfordert bin, einfach, weil ständig zu viel zu tun ist und ich deswegen gar nicht zu mir komme, oder weil ich mich nicht auskenne.


Angst ist immer ein starker Fokus, der mich anspannt. Erst wenn die Quelle der Angst weg ist, kann ich wieder gut zu mir kommen, meine Gefühle und meine Bedürfnisse gut wahrnehmen. Erst, wenn ich mich sicher fühle, rücken diese Dinge wieder in den Fokus.


Antriebssystem


Ich bin immer dann im Antriebssystem, wenn ich etwas haben oder erreichen möchte. Bei der Katze im Bild ist es die Maus. Sie ist auf ein Ziel ausgerichtet. Wenn sie die Maus erwischt hat, kann der Fokus sich wieder verschieben. Hier ist der Fokus also darauf ausgerichtet, was ich erreichen oder bekommen möchte und in unserem menschlichen Leben heißt das oft "was deswegen noch alles zu erledigen ist".


Schaut man darauf, welchen Werten unsere Gesellschaft folgt, werden wir alle von riesigen Antreibern durchs Leben getrieben. Mit dem, was wir noch alles erreichen und machen und erledigen wollen, bevor wir dann endlich zur Ruhe kommen.


Doch erlaube ich dem Antreiber, die Regie zu übernehmen, lauert hinter jedem Ding, was erledigt ist, noch eine ganze Reihe anderer Dinge, die ich ja auch noch machen wollte oder sollte. Folge ich dem Antreiber, gibt es immer das Versprechen, dass ich zur Ruhe kommen kann, wenn alles erledigt ist.


Aber es ist ganz einfach nie alles erledigt. Je mehr ich mich bemühe, alles zu erledigen, desto weiter rückt der Ruhemodus in die Ferne.


Und so bleibe ich auch im Antriebsmodus immer mit dem Fokus darauf ausgerichtet, was im Außen wichtig ist und komme nicht zu mir.


Sowohl der Angstmodus, als auch der Antriebsmodus sind gut und wichtig in unserem Leben. Ohne sie würden wir nichts schaffen, uns nirgends engagieren. Wir würden kein persönliches Wachstum erleben und unser Leben nicht gestalten.


Doch ein Modus kommt in unser aller Leben in unserer Kultur oft zu kurz -


Der Beruhigungsmodus


Im Beruhigungsmodus können wir entspannen. Der Fokus geht auf einmal zu mir. Ich achte auf mein Wohlbefinden. Was brauche "ich", damit es mir gut geht? Was sind meine Bedürfnisse? Ich pausiere, ich verdaue und verarbeite - das Essen genauso wie die Ereignisse des Tages, die ich einordnen und mit Vorerfahrungen verknüpfen muss, damit ich Lernerfahrungen machen kann.


Im Beruhigungsmodus springt mein körperinternes Reparatursystem an. Ich produziere Immunzellen. Alle Selbstheilungskräfte werden optimal aktiviert. Ich komme zu mir. Ich ordne mich. Ich reflektiere, kann in die Tiefe gehen - denn ich komme ins Sein und vergesse das Tun für eine Weile.


Im Beruhigungssystem springt das sogenannte Social Engagement Network an. Das heißt ganz einfach, ich bin im Hier und Jetzt und kann, ohne abgelenkt zu sein, in Beziehung gehen - egal ob mit Menschen oder Themen oder Beschäftigungen.


Nur im Beruhigungsmodus habe ich die Möglichkeit, mich einem Menschen oder einer Tätigkeit wirklich in der Tiefe zu widmen, über längere Zeit zu fokussieren und in einen flow zu kommen.


Flow


Flow ist dabei nichts weiter als ein Zustand, in dem ich selbstvergessen eins werde mit dem, was ich gerade mache. Dieser Zustand ist gekennzeichnet dadurch, dass ich gerade nirgends anders sein möchte und alles ich in einen Seinszustand komme, der das Gegenteil des Tun-Modus aus dem Alarm- und Antriebssystems ist.


Im Beruhigungsmodus arbeitet mein Gehirn 30% schneller, kreativer und produktiver, als in den anderen beiden Modi. Daher kommt vielleicht auch der Ausspruch "In der Ruhe liegt die Kraft." In diesem Zustand bin ich sozusagen innerlich energetisiert. Meine Intuition arbeitet für mich. Mir fallen Verbindungen auf, die ich in der Geschwindigkeit und im Tun nicht sehe.


Und - das Beruhigungssystem ist sehr stark mit einem Gefühl von Zufriedenheit verbunden.


Wir brauchen alle 3 Systeme


Dieser Beitrag will den Alarmmodus und den Antriebsmodus in keiner Weise verteufeln. Wir brauchen alle drei Systeme. Das Gleichgewicht der drei Systeme ist allerdings wichtig dafür, dass wir uns in unserem Leben auch im Gleichgewicht fühlen.


Sind Alarmsystem und Antriebssystem dominant, lebe ich ständig getrieben und in Angst und kann nicht mehr zur Ruhe kommen. Diese Art zu leben, ist ein Erschöpfungssystem. Ich funktioniere dann nur noch. Das macht langfristig nicht nur krank, ich nutze auf diese Weise meine Potenziale auch nicht gut.


Gut geht es mir, wenn mein Beruhigungssystem ungefähr so viel Platz in meinem Leben bekommt, wie Antrieb und Alarm zusammen. Dann bin ich in einem guten Gleichgewicht.


Mit diesem Gleichgewicht hängt auch die heutige Übung zusammen.

 

Übung:


Die heutige Achtsamkeitsübung besteht ganz einfach darin, dir dein eigenes Gleichgewicht mithilfe der drei Kreise anzuschauen. Dir bewusst zu werden, wie groß ist jeder dieser Kreise in deinem Leben?


An dem Größenverhältnis kannst du sehr klar ablesen, was in deinem Leben nicht im Gleichgewicht ist. Sollte der Antriebs- und Alarmmodus klar überwiegen, ist die Empfehlung der Achtsamkeit klar. Dem, was dich beruhigt und entspannt, konsequent mehr Raum zu geben. Dir der Menschen, Dinge und Tätigkeiten bewusst zu werden, die diesen Effekt auf dich haben und diese möglichst regelmäßig in dein Leben einzuladen.


Je mehr du den Beruhigungsmodus fütterst, desto schneller werden die beiden anderen Anteile kleiner. So findest du zurück in ein Leben, mit dem du in Einklang bist und in dem du deine Bedürfnisse gut wahrnehmen kannst.


Wer zum Thema "zur Ruhe kommen" Inspirationen sucht, der findet sie in dieser Rubrik in meinem Blog.

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