Wie das genau geht, auf meine Energie zu achten, das ist mir in den letzten Jahren immer klarer geworden. Und diese Klarheit hilft mir sehr, mein Lebensgefühl ganz bewusst mitzusteuern.
Im Prinzip kann ich mich bei allem, was ich in meinem Leben mache, fragen, ob es mich Energie kostet oder ob es mir Energie bringt.
Am Ende zählt sie die Gesamtbilanz. Habe ich mehr Dinge gemacht, die mir Energie bringen, fühle ich mich lebendig. Habe ich mehr Dinge gemacht, die mich Energie kosten, fühle ich mich erschöpft und leer.
Energie in meinem Körper
Die wichtigste Orientierungsquelle ist heute mein Körper. Ist mein Körper entspannt, kann Energie in mir fließen, alles ist gut versorgt und in sich verbunden. Durch diesen Energiefluss habe ich einen Energieraum um mich herum. Dieser Raum definiert gleichzeitig meine Grenze. Bin ich entspannt, bin ich also nicht so leicht aus der Ruhe zu bringen, weil ich einen großen Raum für mich habe. Kommt etwas von außen, das mich stressen könnte, kann ich gut bei mir bleiben und nehme die Dinge nicht so leicht persönlich.
Eine simple Formel ist - wann immer ich in meinem Leben mit Dingen verbunden bin, die mir wenig Angst und viel Freude machen, bin ich in einem Hochenergiezustand. "Wenig Angst und viel Freude" sagt nichts darüber aus, ob ich mich anstrenge oder nicht. Es ist sogar gut, sich für etwas anzustrengen, das mit wenig Angst und viel Freude verbunden ist. Denn diese Anstrengung ist mit Motivation verbunden. Egal ob körperlich oder emotional - diese Form der Anstrengung ist mit Energiegewinn verbunden.
Wie kommt es hingegen zu einem Niedrigenergiezustand?
Niedrigenergie
Konflikte, Überforderung, zu viel, Ängste, jeder Zwang von außen und auch wenn ich mich selbst zwinge - alle diese Dinge führen zu gehaltener Anspannung. Die Energie, die eigentlich als Bewegungsenergie dem Körper zur Verfügung gestellt wird, steckt dann sozusagen in der Anspannung fest. Sie kann sich nicht entladen. Und so werden aus Anspannungen Verspannungen.
Je angespannter ich bin, umso weniger kann die Energie in mir fließen, um so kleiner wird mein Raum und umso bedrohter, verletzlicher und gereizter fühle ich mich. Mein Energiefeld implodiert sozusagen. Mein Raum wird sehr klein und meine Grenze hart und verletzlich. Stresshormone fluten in der Anspannung ständig meinen Körper. Alles fühlt sich bedrohlicher an, als es in Wirklichkeit ist, und ich kann nicht zur Ruhe kommen und meinen Fokus vertieft auf eine Sache lenken.
Bei länger gehaltener Anspannung komme ich automatisch in einen Flucht- und Kampfmodus und verliere die Fähigkeit, mit mir und anderen mitzufühlen. Ich spüre mich dann nicht mehr so gut, die Gedanken kreisen. Alle diese Zustände gehen auf im Körper gehaltene Anspannung zurück. Sprich - je angespannter und rigider ich bin, umso mehr bin ich mit mir selbst und anderen in Konflikt.
Da in der Anspannung und Verspannung die Energie in meinem nicht mehr fließt, komme ich in einen Niedrigenergiezustand. Das Leben wirkt freudlos und sinnlos. Oft erkenne ich mich selbst nicht mehr, da die im Körper gehaltene Anspannung mit einem Selbstverlust einhergeht.
Meine Energie ist mein Kompass
Stecke ich zu lange in so einem dauerhaft verspannten Körper, wird dieser Körper zu einem Gefängnis, das mich in Konfliktgefühlen hält. Mein Körper verliert tatsächlich biologisch die Fähigkeit, zu entspannen und die Energie wieder freizusetzen.
Aus diesem Zusammenhang heraus ist es für mich heute klar, dass ich mich verliere und keine guten Entscheidungen mehr für mich treffe, wenn ich zu wenig Energie habe. Und mein Leben hat mich gelehrt, dass es viel Arbeit ist, da wieder herauszukommen, wenn ich mal über zu lange Zeit in so einem Körper stecke. Es wird dann immer schwieriger, Lebensfreude zu entwickeln und einen positiven Zugang zum Leben zu halten.
Daher ist es für mich mittlerweile eine tägliche, eine wöchentliche, eine monatliche und jährliche Routine, nur kurz über meine Grenzen zu gehen und dann schnell wieder zu mir zurückzukommen. Denn je länger ich von mir getrennt bin, umso länger ist der Weg zurück.
Meine Routinen
Meine Routinen sind dabei ganz einfach. Ich achte darauf, dass ich immer genug Schlaf bekomme, weil der Körper sich im Schlaf optimal regeneriert und entspannt. Ich achte darauf, dass ich nur so viel arbeite, dass ich mich noch lebendig fühle. Es kann ruhig mal anstrengend sein. Aber im besten Fall nicht länger als einen Tag oder eine Woche. Ein Monat ist eindeutig zu viel. Da steckt mein Körper dann schon in etwas drin, wo er nicht mehr ohne Hilfe herauskommt.
Ich achte darauf, jede Woche meinen Kalender nur zu 80 % voll zu machen, denn die restlichen 20 % kommen ohnehin immer dazu.
Ich achte darauf, dass möglichst alles, was zu meinem Lebensinhalt gehört, mit Freude verbunden ist. Natürlich ist das nicht hundertprozentig umsetzbar. Aber der Fokus hilft, auf einen hohen Prozentsatz zu kommen.
Ich achte darauf, dass ich privat wie beruflich möglichst gute Beziehungen führe, in denen ich nur selten tiefere Konflikte erlebe, die sich dann schnell wieder gut reparieren lassen. Denn tiefe Konflikte, die ich nicht reparieren kann, setzen sich sehr schnell dauerhaft in Form von Verspannungen im Körper fest.
Dazu schaue ich, dass ich auf verschiedene Arten und Weisen meinem Körper genug Bewegung gebe und den Muskeln etwas zu tun. Und das möglichst vielfältig. So bleibt mein Körper in einem guten Energiezustand und rostet nicht ein. Bewege ich meinen Körper nicht oder zu einseitig, kommt es unweigerlich ebenfalls zu Verspannungen, die mir Energie rauben.
Wie kann ich Freude steigern? Indem ich bewusst darauf achte, wie ich Dinge so tun kann, dass sie mir Freude machen? Und wie kann ich Ängste reduzieren? Indem ich Dinge, die mir Angst machen, aus dem Weg gehe oder so viel lerne, dass sie mir keine Angst mehr machen? Und wenn das nicht funktioniert, hole ich mir Hilfe.
Diese Fragen bestimmen meine täglichen Routinen. Und wann immer mein Körper doch in tiefere Verspannungen kommt, dann helfe ich ihm über Körperarbeit, schnell wieder in einen nachhaltig entspannteren Zustand zu kommen.
Alles ist Energie
Wenn ich darauf achte, mit meiner Energie gut umzugehen, dann schaue ich auch darauf, in welcher Form alles, was mich umgibt, ein Energieäquivalent hat. Ein Fahrrad kostet weniger als ein Auto. Denn es kostet weniger Energie, es herzustellen. Eine kleine Wohnung braucht in der Herstellung weniger Energie als eine Große. Und sie verbraucht daher auch weniger Energie. Je mehr ich arbeite, umso mehr Energieäquivalente bekomme ich in Form von Geld.
Je minimalistischer ich lebe, umso weniger Energie muss ich also aufbringen, um gut leben zu können. Oft schaut man nur auf sich und hat das Gefühl, es geht einem die Energie aus dabei, sich sein Leben leisten zu können. In der Reduktion und in der Askese steckt oft ein großes Energiepotenzial, das ich freisetzen kann, wenn ich es brauche.
Es hat einen hohen Preis, über längere Zeit über die eigenen Grenzen hinwegzugehen. Heute ist mir meine eigene Lebendigkeit das höchste Gut und der größte Luxus. Dafür bin ich gerne bereit, auf etwas in meinem Leben zu verzichten.
Übung:
Mache dir für dich eine Mindmap mit dir selbst als Zentrum und zeichne alle Dinge, Tätigkeiten und Menschen in deinem Leben ein, die dir Energie bringen und die dir Energie kosten. Du kannst die beiden farblich trennen.
Spüre, wie die Elemente, die dir Energie kosten, mit Körperempfindungen von Anspannung und deinem Gefühl von Angst verbunden sind und die, die dir Energie bringen, mit Freude und Entspannung.
Versuche ganz systematisch, Schritt für Schritt deine Entscheidungen so zu treffen, dass du dich auf die Dinge zu bewegst, zu denen du dich nicht zwingen musst. Und achte darauf, wie du die Dinge, die dir Angst machen, so tun kannst, dass die Ängste reduziert werden.
Wenn du so auf dich schaust, gehst du gut mit dir um und wirst merken, wie Stück für Stück die Energie wieder in dir fließt. Das Leben wird dann nicht nur angenehmer und energiereicher, sondern vor allem auch freudiger.