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Bei Stress auf mich schauen, statt auf den Stress

Stress und Ängste machen ganz automatisch einen Fokus auf das, was mich in einer Situation überfordert. Das liegt in der Natur der Sache.

Bei Stress auf mich schauen, statt auf den Stress I Achtsamkeit Blog

In gewisser Weise fühle ich mich dann wie das Kaninchen vor der Schlange und bin leider nicht mehr in der Lage, mein bestes Selbst zu sein. Stattdessen verliere ich die Übersicht, werde zerstreut, verliere wichtige Dinge aus dem Blick und strenge mich doppelt an, um mit der Situation irgendwie zurecht zu kommen.


Bin ich einmal in diesem Kreislauf, gerate ich oft nur noch tiefer rein. Dann gehe ich fast automatisch über meine Grenze, werde ineffizienter, langsamer, fühle mich noch ohnmächtiger und werde immer angespannter und gereizter. Das heißt, je mehr Stress ich habe, um so schlechter kann ich auf die Anforderungen reagieren, die ich habe.


Der Punkt der optimalen Leistung


Es gibt den sogenannten Punkt der optimalen Leistung. Und dieser Punkt existiert dort, wo ich gut bei mir bin und mir noch aussuchen kann, wo mein Fokus hingeht. Wo ich mich sicher fühle und Übersicht habe. Bei kurzfristigem Stress kann ich immer über meine Grenzen gehen, wenn ich mich dann auch kurzfristig wieder entsprechend regenerieren kann.

Das Problem ist langfristiger, andauernder Stress, Ängste, Überforderungen und Konflikte. Wo es mir nicht mehr gelingt, mich regelmäßig zu generieren, mich zu erholen, mich zu entspannen, so, dass es auch wirklich in meinem Körper ankommt, dann verliert mein Körper leider die Fähigkeit, sich zu entspannen. Denn Stress wird in Form von Verspannungen in meinem Körper gespeichert. Ist mein Körper mal verspannt, ist Stress permanent in mir. Die kleinsten Dinge können mich dann schon aus meiner Mitte bringen. Ich muss mich dann völlig verausgaben, um das zu schaffen, was sonst mit Leichtigkeit geht - und mir wird schnell alles zu viel.


Mein Körper, meine Muskeln haben die Fähigkeit verloren, sich zu entspannen. Stress ist also ein zutiefst körperliches Phänomen.

Die direkten Folgen davon sind Erschöpfung, Energielosigkeit, Ängste, Gereiztheit, ein Gefühl von Selbstverlust. Oft fühle ich mich dann nachhaltig von Lebendigkeit und Lebensfreude abgeschnitten. Ich bin zwar da, aber innerlich weg.


Je tiefer ich da drin stecke, umso länger ist die Erholung, die ich mir gönnen müßte. Ich komme dann auch in zwei Wochen Urlaub vielleicht nicht mehr zu mir. Und dieses Gefühl ist real. Denn die Verspannungen im Körper können sich nicht so schnell wieder lösen.


Regelmäßig auf mich schauen


Die Haltung der Achtsamkeit ist, "regelmäßig" gut auf mich zu schauen. Jeden Tag, jede Woche, jeden Monat, jedes Jahr. Und mir dabei immer bewusst zu sein, ob ich zu den Anstrengungen, die ich im Leben habe, auch einen Ausgleich zur Erholung und Entspannung bekomme.


Wenn ich merke, dass meine Leistung bergab geht, dass ich mich nicht mehr konzentrieren kann, dass ich müde bin, dass ich mich getrieben fühle, dann sind das alles für mich Zeichen, langsamer zu werden. Zu schauen, was ich reduzieren kann. Zu schauen, wie ich aus Überforderungen raus kommen kann. Und zwar möglichst schnell. Dann geht es noch leicht Denn raus zu kommen, wenn ich tief drin bin, das dauert lang. Und oft gelingt es mir nicht mehr alleine. Ich brauche dann emotionale und körperliche Hilfe von Fachleuten, damit ich wieder in meine Mitte finde.


Erhalte ich mir meinen Punkt der optimalen Leistung, indem ich nicht langfristig über meine Grenzen gehe, dann bin ich in dem, was ich mache, effizient und kreativ. Ich bin gut mit mir und anderen in Beziehung und kann mich konzentriert Dingen in der Tiefe widmen.


Die interessante Erfahrung der Achtsamkeit ist - nur wenn ich gut bei mir bin, kann ich auch im Außen verbunden sein. Egal, ob mich Menschen oder Tätigkeiten. Wenn ich mich innerlich verloren habe, bin ich auch im Außen verloren.


Du solltest pro Tag 20 Minuten meditieren, um dir selbst zu begegnen und um zu wissen, wie es dir geht, heißt es. Aber wenn du Stress hast, dann solltest du eine Stunde meditieren.


Das ist aus meiner Erfahrung kein origineller Spruch. Das ist meine Erfahrung und die Erfahrung, die ich mit meinen Workshopteilnehmern und Klienten in der Beratung wieder und wieder bestätigt sehe. Darauf zu achten, dass ich mich im gleichen Maß erhole, wie ich mich anstrenge, sollte so selbstverständlich sein wie Zähne putzen.


Wenn ich lerne, im Stress bewusst auf mich zu schauen, statt darauf, wie ich das alles schaffen soll, dann kann ich gut durch mein Leben kommen.


Menschen, die mit einem wirklichen Burn-out zu mir kommen, die gar nichts mehr können, ohne Angst zu haben oder überfordert zu sein, denen sage ich manchmal, dass sie sich wundern werden, wie sie in ihrer Arbeit in Zukunft doppelt so viel schaffen können mit der Hälfte der Zeit und Energie, die sich bislang aufgebracht haben. Das klingt wie ein Märchen. Aber es bestätigt sich immer wieder.


Bei meinen MBSR Workshops, bei denen das Thema Stress im Vordergrund steht, habe ich immer wieder Teilnehmer, die sich fragen, wie sie bei all ihren Verpflichtungen an dem 8-Wochen-Kurs teilnehmen können und dann auch noch zu Hause üben sollen. Es wächst ihnen ja jetzt schon alles über den Kopf. Am Ende des Kurses höre ich dann oft, dass sie nicht wissen, wie sie die Zeit ohne den Kurs geschafft hätten. Obwohl sie so viel Extrazeit für sich verwendet haben, ist unter dem Strich mehr Zeit übrig geblieben.


Denn wenn ich zu mir komme und gleichzeitig entspannt und konzentriert bin, dann komme ich in Einklang mit mir und der Welt. Dann finde ich den Punkt der optimalen Leistung wieder.


Stehen bleiben bei Stress


Stehen bleiben bei Stress und auf mich schauen, das ist die einzige Möglichkeit, gut mit mir, mit meiner emotionalen und körperlichen Gesundheit umzugehen. Und es ist "gleichzeitig" die einzige Möglichkeit, in der Arbeit produktiv, kreativ und lebendig zu sein. Es ist auch die einzige Möglichkeit, wenn ich mit mir und anderen Menschen in meinem Leben weniger in Konflikt sein möchte. Und auch die einzige Möglichkeit, wenn ich nachhaltig gesund bleiben möchte. Denn lang anhaltender Stress wirkt auf das Immunsystem, auf die Organe, auf die Haltung. Lang anhaltender Stress macht krank.


 

Übung:


Egal, wie schnell dein Leben gerade geht und wie viele Verpflichtungen gerade an dir zerren, nimm dir die Zeit, dich wo hinzusetzen, von wo aus du auf dein eigenes Leben schauen kannst.


Wo kannst du langsamer werden? Wo kannst du dich entlasten, Pausen finden, Dinge machen, die dir Energie geben, die dich nähren, die dir Freude machen?

Wo kannst du dich in deinem Leben von dem was dich stresst, abwenden und dich den Dingen zuwenden, die dir nachhaltige Entspannung, Ruhe und Verbundenheit bringen?


Wenn du dich Schritt für Schritt auf diese Reise begibst, erweiterst du die Möglichkeiten mit dir und der Welt besser in Einklang zu kommen.


Je tiefer dein Körper im Stress gefangen ist, umso schwieriger ist es, diese Ruhe in deinem Leben zu finden. Wenn dein innerer Antreiber und die Überforderung schon so groß ist, dass du nicht mehr zur Ruhe kommen kannst, suche dir Hilfe.


Es gibt viele Wege, durch die ich wieder zu mir finden kann, wenn ich mich verloren habe. Suche dir einen Therapeuten oder Berater, der sich mit dem Thema auskennt oder eine Körpertherapie, die deinem Körper hilft, nachhaltig wieder in Entspannung zu finden.

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