Das "muss" ich noch schnell machen und das auch noch und das auch noch. Dann "sollte" ich da noch etwas erledigen und "darf" etwas anderes nicht vergessen.
Mit den Begriffen sollte, müsste und dürfen machen wir uns in unserem Alltag oft zum Opfer der Umstände.
Daß ich etwas muss oder soll, ist dabei per se nicht schlecht. Es ist nur die Frage, wie sehr diese Worte mein Lebensgefühl prägen.
Wie sehr das Zähne zusammenbeißen und eine geht "geht schon noch" Haltung meinen Alltag bestimmen.
Was möchte ich eigentlich?
Sollen und müssen sind wichtig und gut, solange ich auf der anderen Seite in Kontakt bin mit dem was ich "will", was ich "möchte" und was ich "kann".
Diese Worte bringen mich in Verbindung mit meinem eigenen Befinden und meinen eigenen Bedürfnissen. In ein gutes Gleichgewicht finde ich, wenn ich beide Pole gleichzeitig halten kann. Wenn ich auf der einen Seite sehen kann, was getan werden muss und auf der anderen Seite, was meine Bedürfnisse sind und welche Ressourcen ich gerade habe.
Kann ich beide Pole in meine Entscheidung einbeziehen, gehe ich mit mir selber gut um und handle gleichzeitig im Außen verantwortlich.
Gehe ich hingegen zu oft über meine eigenen Bedürfnisse hinweg, geht das auf meine Substanz.
Nur "ich muss" geht auf die Substanz
Ständig im Tun zu bleiben führt auch zu ständiger Anspannung und Verspannung. Es führt zu großer Geschwindigkeit, wenig Genauigkeit und man verliert das wesentliche oft aus den Augen, während man geschäftig ist.
Ständig im Tun zu bleiben führt zu Erschöpfung, man hat keine Energie mehr und tut trotzdem weiter. Biologisch schaltet mein Körper dann auch nie in ein Regenerations- und Reparaturprogramm, was kurzfristig zu einer schwachen Immunabwehr und mit den Jahren zu diversen körperlichen Symptomen führt.
Es gibt den Punkt der optimalen Leistung. Ist der überschritten, bleiben wir oft im Diktat des Müssens uns Sollens und merken nicht, daß wir immer weniger produktiv und vor allem immer weniger kreativ werden.
Dabei ignorieren wir oft chronisch unsere Müdigkeit, die das einfache Zeichen unseres Körpers ist, daß wir uns erholen müssen. Wenn wir beim Arbeiten trotz größter Bemühungen immer langsamer werden ist das ein eindeutiges Zeichen, daß sich unser Hirn regenerieren muss. Denn auch das Gehirn braucht Zeit, um die die aufgenommene Information zu verarbeiten und zu ordnen. Das kann es nicht, solange immer neue Information dazu kommt.
Dieses noch und das noch und das noch schnell machen, damit ist immer die Fantasie verbunden, daß ich irgendwann ankomme und alles ist erledigt. Dann kann ich ausruhen. Doch mit der Art zu denken, komme ich nie zum Ausruhen. Denn es ist nie alles erledigt. In Wirklichkeit funktioniert es anders herum. Nur wenn ich ausgeruht und in meiner Mitte bin, bin ich produktiv und schaffe viel. Erholung und Produktivität gehören zusammen. Mache ich von einem zu viel, bin ich aus dem Gleichgewicht.
In Kontakt mit mir selber gehen
Deswegen ist es so wichtig, mit dem was ich "möchte", mit dem was ich "will" und dem was ich "kann" in Verbindung zu bleiben und zu lernen, nicht über mich selbst hinweg zu gehen.
Bleibe ich mit mir selbst in Kontakt und unterwerfe mich nicht nur dem Diktat der äußeren Ansprüche, kann ich mit dem, was ich mache, wieder gut in Beziehung gehen.
Motivation, Energie, Lust, Kreativität, Produktivität - all das kommt dann wieder zurück.
Es lohnt sich, gut auf sich zu schauen.
Übung
Die Übung für diese Woche ist, ganz bewusst drauf zu achten, wo ich in meinem Alltag die Worte müssen und sollen verwende. Mir selbst gegenüber und anderen Gegenüber.
Überall da ganz bewusst hinzuschauen und sich zu fragen, was ich will, was ich möchte und was ich gerade kann, ohne auf Kosten der eigenen Substanz zu arbeiten, ist eine gute Übung in Achtsamkeit.
Die Idee der Achtsamkeit ist immer, beide Pole - das Müssen und das Wollen für das wertzuschätzen was sie sind und in seine Mitte zu finden, um zu schauen, was in der Situation angemessen ist. Angemessen für das was getan werden muss "und" angemessen für mich.
Dazu braucht es ein bisschen Innehalten und bewusst abwägen.
Diese Zeit ist gut investiert, wenn ich dadurch mit mir und auch oft mit meinen Beziehungen besser umgehen kann.