Je mehr wir gleichzeitig halten, desto unklarer wird was wir loslassen können. Je mehr Dinge wir am Schirm haben die verschiedene Aufmerksamkeiten erfordern - wie oft ganz simpel Beruf, Kinder und Partnerschaft, desto schwieriger wird es, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Denn das Wesentliche ist ja in allen Bereichen etwas anderes. Und dann gibt es ja auch noch mich selber. Für mich sind ja auch noch Dinge wesentlich, die über diese Bereiche hinaus gehen.
So ist es nicht verwunderlich, daß wir so oft die Übersicht verlieren, weil wir so viele unterschiedliche Dinge in der Luft halten. Es ist die Gleichzeitigkeit von unterschiedlichen Dingen, die uns oft aus dem Ruder laufen läßt.
Ich habe derzeit vier Projekte, die ich gern verfolgen würde. Jedes braucht für sich gesehen Zeit, Widmung, Aufmerksamkeit und die Ruhe zu erspüren, was das Projekt wirklich braucht. Was das Wesentliche ist.
Alles durcheinander
Im letzten Monat hab ich die Projekte alle nebeneinander am Laufen gehalten inklusive Austausch mit anderen, mails, Treffen, und der Erarbeitung dessen was mir daran wichtig ist. Die ganzen verschiedenen Ansprüche, die diese Projekte an mich gestellt haben hat immer mehr Zeit gekostet, und ich bin gleichzeitig immer unproduktiver geworden. Normalerweise ist meine Inbox im Mail leer - vor einer Woche waren 300 Mails in der Inbox, 40 Mails mit roten Fahnen versehen, und ich wußte nicht mehr, welche ich jetzt eigentlich löschen kann, und welche nicht.
Durch das einfache zu viel hab ich die Übersicht verloren und ich hab auch die Zeit nicht mehr gefunden die Dinge zu ordnen. Ich mußte ja schon wieder zum Nächsten wechseln. Ich hab mich immer mehr verloren, war immer zerstreuter, konnte mich immer weniger auf eine Sache konzentrieren - in dem unangenehmen Gefühl, daß ich dann woanders etwas übersehe.
Ordnung
Letztlich war ich dadurch so unbefriedigt, daß ich meine Zeit eine Woche nur dazu genutzt habe Ordnung zu machen - in meinem Mail, in meinem To Do Programm, in meinen Projekten. Mir war klar, daß ich etwas loslassen muß, wenn ich wieder zu mir kommen möchte.
Also hab ich die Projekte in eine zeitliche Ordnung gebracht. Statt sie alle auf einmal anzugehen, hab ich sie über ein Jahr aufgeteilt - und jedes der Projekte kriegt in der zeitlichen Widmung für sich die volle Aufmerksamkeit. Jetzt hab ich mich vier Tage von allen äußeren Verpflichtungen zurückgezogen und widme mich nur meiner Arbeit am erst gereihten Projekt. Alle Ablenkungen lasse ich gerade außen vor. Inklusive Familie. Ganz asketisch - nur ich und das Projekt. Und es ist erstaunlich wie schnell ich wieder in Lebensfreude und Produktivität zurückfinde - wie schnell ich zum Wesentlichen komme.
Nur durch Loslassen des Vielen wird Konzertration auf eines möglich. Und nur in der Konzentration auf das Eine kommt der Blick auf das Wesentliche.
Nur in der Reduktion ist es möglich, daß wir zu uns finden und mit dem Wesentlichen in Kontakt kommen. Das was wesentlich ist, kommt nicht aus einer Sache selber, sondern es kommt aus uns. Daher ist es wichtig mir Bedingungen zu schaffen, in denen ich mich wieder spüren kann.
Übung:
Gerade wenn die Anforderungen von verschiedenen Seiten so groß sind, daß jedes stehen bleiben, sich zurückziehen, und Ordnung machen unmöglich scheint, ist es am Wichtigsten. Wenn man zu viel Verschiedenes im Blick behalten möchte, verliert man schnell den Blick darauf, daß man immer mehr Kraft aufwenden muß, und immer weniger Energie zur Verfügung hat.
Man tut also in der Tiefe weder sich selbst, noch der Sache einen Gefallen, wenn man das Viele weiter hält.
Innehalten, sich ordnen, und sich die Zeit nehmen darauf zu schauen, was man eigentlich von den verschiedenen Dingen möchte. Warum man sie macht. Was einem daran für sich selber wesentlich ist - wo man vielleicht delegieren kann, was man verschieben oder ganz lassen kann. Das setzt wieder Energien frei. Mit Energie läßt sich kreativ leben und arbeiten, mit Kraft läßt sich nur existieren.
Wo immer wir das Gefühl haben mehr Kraft zu brauchen und weniger Energie zur Verfügung zu haben, ist es gut etwas loszulassen, damit wir uns dem was uns wichtig ist wirklich widmen können - und darin auch wieder das Wesentliche finden.
Fragen an das Tagebuch: Was ist derzeit zu viel in meinem Leben? Wo verliere ich mich gerade? Was kann ich loslassen, um mich wieder spüren zu können? Wie viel Zeit darf an einem Tag voller Anforderungen ganz allein mir gehören? Für mich. Um zu spüren, was wesentlich ist.