Wenn ich einen Widerstand spüre etwas zu machen, ist das ein unangenehmes Gefühl. Ich muß zu Hause eine berufliche Sache fertigstellen - lieber wasche ich ab, räum ein bißchen auf, oder kauf noch was ein. Alles "nützliche" Dinge, die mein schlechtes Gewissen beruhigen sollen, daß ich nicht das mache, was ich eigentlich machen sollte oder wollte.
Ich möchte regelmäßig meditieren, Sport machen, abnehmen. Meine Vorsätze sind stark, doch der Widerstand bremst mich. Ich schaue nur kurz da oder dort in ein Buch oder eine Zeitschrift - da war doch noch eine Push Benachrichtigung am Handy, dann noch ein bißchen Facebook vor dem Laufen, warum nicht? Nach einer Stunde denk ich mir, jetzt lohnt es sich auch nicht mehr raus zu gehen und mich zu bewegen, denn ich treffe in zwei Stunden ja jemanden.
Der Vorsatz bleibt, der Frust wird stärker. Irgendwann glaube ich mir meinen eigenen Vorsatz nicht mehr und gebe auf.
Woher kommt der Widerstand?
Widerstand entsteht überall dort wo wir verschiedene - sich widersprechende Impulse in uns haben. Ein Anteil in uns will Sport machen, ein anderer aber nur auf dem Sofa rum lungern, und sich auf keinen Fall bewegen. Sobald es einen Impuls in uns gibt und einen anderen, der in die entgegengesetzte Richtung zieht, sind wir in Konflikt mit uns selber.
Man könnte so weit gehen zu sagen, daß jeder Vorsatz sinnlos ist. Denn wir fassen ihn nur dann, wenn etwas in uns ist, daß dieses Verhalten eigentlich ausschließt. Sonst würden wir es ja einfach machen.
Doch so bewußt ist uns das im Alltag nicht. Widerstand äußert sich darin, daß wir müde werden, weniger Energie haben, lustlos sind im Angesicht der Aufgabe. Daß wir uns schlapp und ohnmächtig fühlen.
Das führt zu allen möglichen Vermeidungsverhalten um dem "unangenehmen Gefühl" zu entkommen. Essen, Alkohol, Sex, Internet, was auch immer uns ein vordergründig gutes Gefühl, eine kurze Befriedigung vermittelt, kann für kurze Zeit den inneren Konflikt betäuben. Doch langfristig leiden wir unter der Situation - denn der innere Konflikt wird durch die Ausweichhandlung nicht gelöst. Wenn die Vermeidungshaltung zum Lösungsmuster wird und dabei der innere Konflikt nicht aufhört, sind wir in der Sucht. Je länger wir in der Sucht sind, desto schwieriger wird es für uns unangenehme Gefühle zu halten und zuzulassen. Denn jedes Mal wenn das unangenehme Gefühl kommt, schaltet sich der Automatismus ein - ohne daß es uns bewußt ist.
Auch wenn sich im Ausweichverhalten kurzfristig die Anspannung löst, erleben wir auch gleichzeitig wie unzufrieden wir mit der Situation sind. Denn wir kommen aus dem Kreislauf nicht raus, daß wir uns vor dem drücken, worum es uns eigentlich geht.
Wann immer wir uns auf der anderen Seite mit Willen zu einer Sache zwingen, geht das eine Zeit lang gut - wie bei Diäten. Doch der Wille wird schnell weniger, und dem Zwang folgt automatisch eine Gegenbewegung - wir fressen kurz darauf haltlos in uns hinein, und wiegen nachher mehr als vorher. Das sind Naturgesetze der Psyche, die wir nicht umgehen können.
Egal ob wir den Widerstand in der Betäubung ignorieren oder versuchen gegen ihn zu siegen - wir machen die Erfahrung, daß wir so zu keiner Lösung kommen.
In Beziehung gehen mit dem Widerstand
Wie immer in der Achtsamkeit geht es darum mit dem Widerstand selber in Beziehung zu gehen. Darin liegt der Schlüssel zur Lösung.
Den Widerstand (aus) zu halten - zu spüren und mit ihm sitzen zu bleiben.
Meditation:
Die Übung ist eine Mischung aus Meditation und Notizübung. Setze dich mit den folgenden Fragen und etwas zu schreiben auf deinen Meditationsplatz. Laß jede der Fragen die Zeit in dir abzusinken. Vielleicht kommt anfangs keine Antwort..... dann kommt eine erste..... ein wenig später kommt in der Stille eine weitere Antwort. Laß dir die Zeit diese Antworten in dir entstehen zu lassen.
Was taucht in mir auf, wenn ich den Widerstand spüre - als Gefühl?
Der Widerstand darf sein. Ich gebe diesem Gefühl Raum?
Schreibe dir auf, was in dir aufgetaucht ist.
Was sind die Folgen meines Widerstands?
Schreibe wieder auf, was zu dieser Frage in dir aufgetaucht ist.
Wie dient mir der Widerstand?
Schreibe wieder auf, was zu dieser Frage in dir aufgetaucht ist.
Was ist mir jetzt wichtig?
Schreibe auch das auf.
Sich den Raum zu geben, daß etwas auftaucht, bringt uns in Kontakt mit den Dingen die uns unbewußt sind, die aber unser Handeln bestimmen.
Wenn wir sie mit in den Blick nehmen und als wichtig erkennen, sehen wir einen größeren Ausschnitt der Wirklichkeit. Und so wird unser Handeln mit einem größeren Teil unserer Persönlichkeit kongruent.
Wichtig ist, daß beides nebeneinander stehen darf. Die Dinge, die die Veränderung bremsen, und die, die sie ungeduldig suchen. Nur wenn beide gesehen und geachtet werden, ergibt sich ein nächster Schritt.
Wo das gelingt, wird der Widerstand kleiner - wir bleiben in Kontakt mit uns selber und unserem Ziel - und müssen nicht mehr ausweichen. So können wir Schritt für Schritt kleine Lösungen finden, die sich mit der Zeit in Summe zu einer großen Lösung addieren.