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Die Entdeckung der Langsamkeit

"Weniger ist mehr", das ist ein gängiger Satz. Aus der Sicht der Achtsamkeit macht dieser Satz viel Sinn. Denn es passiert etwas Interessantes, wenn ich Dinge langsam und bewusst mache.

Die Entdeckung der Langsamkeit I Achtsamkeit Blog



Was passiert, wenn wir schnell sind?


Mache ich Dinge schnell, gehe ich mit dem was ich mache kaum in Beziehung. Ich schau kein zweites Mal hin, geschweige denn ein drittes Mal. Im Schnellen bleibt keine Zeit für Konzentration auf eine Sache, für Vertiefung und Beziehung zu einer Sache oder zu einem Gegenüber. Und ich nehme mir in der Schnelligkeit keine Zeit, etwas aus mehreren Perspektiven zu betrachten. Also bleibe ich in meinen Entscheidungen in der Geschwindigkeit immer in gewohnten Entscheidungsmustern und überdenke sie nicht mehr.


Es wird nur das "Notwendigste" besprochen oder angeschaut. Und dieses Notwendige betrifft oft die sachlichen Teile von Entscheidungen. Rational kann ich sehr schnell entscheiden. Das geht in Sekundenbruchteilen.


Doch die Gefühle sind langsamer. Ich verliere in der Geschwindigkeit also mein Gefühl für die Sache, höre nicht mehr auf mein Bauchgefühl und meine Intuition. Sie werden durch die Geschwindigkeit einfach ausgeblendet. Und damit fehlen wichtige Wahrnehmungen, um eine Situation wirklich gut beurteilen zu können.


Wer kennt die Situation nicht, etwas entschieden zu haben und dann nachher draufzukommen, daß er intuitiv eigentlich wußte, daß es nicht funktionieren kann - aber er hat es trotzdem gemacht.


In der Geschwindigkeit bleiben Entscheidungen immer an der Oberfläche. Ich gehe weder mit der Situation richtig in Beziehung, noch mit dem, wie ich mich mit einer Situation und einer Entscheidung eigentlich fühle.


So hat die Geschwindigkeit einen hohen Preis. In ihr geht viel Wertvolles verloren. Nicht zuletzt der Kontakt zur eigenen Lebendigkeit und Freude.


Bin ich nur noch schnell und effizient, ist die natürliche Folge ein Gefühl der Entfremdung, der Sinnlosigkeit und der Leere, weil mir Beziehung fehlt. Zu mir selbst, zu anderen und zu Dingen und Themen.


Dieses entstehende Loch wird dann gern mit Konsum gefüllt, damit ich die Leere nicht spüren muss. Doch Ablenkungen durch Konsum von Produkten, Essen, Substanzen, Sport, Büchern, sozialen Medien,.... kann die entstandene Leere nicht füllen.


Nur Beziehung ist die Nahrung, die das Gefühl der Leere verschwinden lässt.


Was passiert, wenn wir langsamer werden?


Werde ich langsamer und gehe mit etwas oder jemanden wirklich in Beziehung, tauchen auf einmal mehr Perspektiven zu einer Sache auf. Ich höre Meinungen, die meinen Blick erweitern. Es entsteht Resonanz zwischen dem, womit ich in Beziehung gehe und mir.


Ich bin dann nicht nur rational beteiligt, sondern ich spüre auch, wie es mir mit etwas geht. Oder einfach gesagt, wenn ich wirklich in Beziehung gehe, nehme ich meine Gefühle wieder wahr.


Meine Gefühle sind eine ganz wichtige Informationsquelle, denn sie verbinden mich mit meinen Bedürfnissen und mit meiner Intuition, mit meinem Bauchgefühl, also mit meiner inneren Weisheit.


Mit etwas wirklich in Beziehung gehen heißt, daß Fülle entsteht, die ich erst wahrnehmen kann, wenn ich lang genug hinschaue. Wenn ich eine Sache von mehreren Seiten anschaue, bevor ich handle. In dieser Entdeckung der Langsamkeit findet sich die Quelle von Lebensfreude.


Je länger ich hinschaue und in Kontakt gehe, desto mehr Fülle erschließt sich mir.


Ich spüre mich wieder


Sich wieder zu spüren und mit in Entscheidungen einzubeziehen, darin liegt die Belohnung der Langsamkeit. Je langsamer ich werde, desto mehr tauche ich selbst in meinem Leben wieder auf und beginne Entscheidungen zu treffen, die mir guttun - und nicht nur die, die vernünftig sind.


Wir leben oft über lange Strecken ein Leben, in dem wir nur noch funktionieren - wie Maschinen, die ständig Leistung bringen und immer schneller werden müssen.


Die Resonanz verschwindet dann aus unserem Leben. Und Resonanz ist unsere emotionale Nahrung. Erst wenn wir lernen wieder langsam zu werden, kommen wir mit der Welt und damit auch mit uns selbst wieder in Beziehung und haben Zugang zu unserer eigenen Lebendigkeit und Lebensfreude.


Die Resonanz und die Lebensfreude sind unser Lebenselixier. Ohne sie kommen wir in eine tiefe Erschöpfung und verlieren uns selbst - ganz einfach, weil wir uns nicht mehr begegnen.


Die Langsamkeit hingegen führt mich in die Tiefe, in die Beziehung und ist damit auch die Quelle von Kreativität. Denn nur in der Langsamkeit habe ich die Fähigkeit neues in mein Leben zu lassen und mir bekannte Konzepte infrage zu stellen.


Regeneration


Schnelligkeit verbindet immer mit Anspannung, Langsamkeit mit Entspannung. So führt die Langsamkeit auch in Entspannung und in ein Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit. Im Körper springen dabei alle Regenerations- und Reparatursysteme an, die in der Geschwindigkeit ruhen.


So ist die Langsamkeit eine wichtige Basis für langfristige Gesundheit.


Wie immer in der Achtsamkeit ist das Ziel, in ein gutes Gleichgewicht zu finden. Also in einen guten Ausgleich von Dingen, die ich schnell erledige und von solchen, mit denen ich langsam in Beziehung gehe. Wenn beides ausgewogen Teil meines Lebens ist, finde ich in ein inneres Gleichgewicht. Dann geht es mir gut.

 

Übung


Wenn wir verlernt haben, Dinge langsam zu machen, dann ist die Langsamkeit oft eine Provokation. Denn in ihr spüren wir unsere innere Unruhe, Rastlosigkeit und Anspannung, die aus der Geschwindigkeit und dem Vielen kommt, mit dem wir ständig beschäftigt sind.


Dann ist es ganz schwer, sich auf eine Sache zu konzentrieren und zu entspannen.


Mit der Langsamkeit entsteht ein anderes Empfinden. Die Welt fühlt sich anders an.


Diese Übung ist eine Einladung, eine Woche lang jeden Tag etwas bewusst langsam zu machen. Innezuhalten und abzubremsen und dich dabei nur auf eine Sache oder einen Menschen zu konzentrieren. Eine Mahlzeit am Tag langsam und bewusst essen - ohne jede Ablenkung, zu Fuß zur Arbeit gehen, statt zu fahren, ein Gespräch mit dem Partner oder einem guten Freund, indem es nur darum geht, wie ihr euch gerade fühlt, und nicht darum, was alles erledigt gehört. Eine Besprechung, bei der Dinge in der Tiefe besprochen werden und man sich dafür die Zeit nimm auch zu fragen, wie sich jeder mit den Dingen fühlt, um die es geht. Einen ganzen Abend mit deinem Kind ein Puzzle zu machen und alles andere ist unwichtig, einem Menschen, der dir viel bedeutet einen Brief schreiben, dir dafür Zeit nehmen und ihn morgen mit der Post verschicken,.....


All das ist Beziehungsnahrung, die die innere Leere verschwinden lässt. In der Langsamkeit komme ich in Beziehung zu mir und zu anderen.


Welche Dinge oder Menschen sind es, für die du dir ganz persönlich Zeit nehmen - mit denen du in Beziehung gehen möchtest?

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