Wenn ich versuche jemand zu etwas zwingen, wird sein Widerstand wachsen. Es kann sein, dass es mir gelingt, jemand durch Zwang von etwas zu bewegen. Doch er ist es dann seiner Würde schuldig, die Sache innerlich zu boykottieren - irgendwo, wo ich es nicht sehe. Er ist zwar dabei, aber unlustig, oder hat an allem etwas auszusetzen. Wenn man ihn dann fragt, warum er dann mit macht, wird er irgendetwas murmeln, weil er mit sich selbst im Unreinen ist - denn er hat ja zugesagt. Wir können niemanden zu etwas zwingen und dabei erwarten, dass er mit dem Herz dabei ist. Es gibt dann immer einen Ausgleich für den Zwang, der die ganze Sache zunichtemacht.
Einladungen
Wir können nur Einladungen aussprechen. Unserem Wunsch Ausdruck geben. Wenn wir unser Gegenüber in seiner Andersartigkeit nicht achten, gehen wir gerne in Vorwurf oder Anspruch. Doch in der Tiefe trennt jeder Vorwurf und Anspruch, denn er ist mit der damit verbunden, dass der andere von sich etwas aufgeben muss, damit wir uns besser fühlen. Die Beziehung leidet, denn auch wenn ich vielleicht in bester Absicht versuche meinem Gegenüber "etwas Gutes" zu tun, sorge ich selbst dafür, dass er sich von mir entfernt. Ein schönes Beispiel, das ich vor kurzem gehört habe. Ein Mann, der in einer großen Firma arbeitet, hat für sich begonnen zu meditieren. Da es ihm so gutgetan hat, hat er einen missionarischen Eifer unter seinen Kollegen entwickelt, und hat mit Begeisterung über Meditation gesprochen, und was für eine gute Sache das ist. Niemand seiner Kollegen wollte das hören, und der Mann war bald wieder mit seiner Meditation alleine. Eines Tages hat er einen Raum in der Firma dafür in Beschlag genommen, dort zu meditieren. Und er hat einfach seine Kollegen eingeladen, sich ihm anzuschließen - wenn sie wollen. Erst kam ein Kollege, dann ein Zweiter, und mittlerweile ist die Meditationsrunde ein fixer Bestandteil der Firma. Der Mann konnte sein Bedürfnis erfüllen seine Meditationserfahrungen zu teilen und gleichzeitig viele Kollegen gewinnen. Eine Einladung ist der beste Weg, auch auf sein eigenes Bedürfnis nicht zu verzichten. Wenn ich niemanden davon überzeugen kann wie gut Meditation, ein neues Projekt, eine gemeinsame Wanderung am Wochenende, eine bestimmte Art zu kochen, oder irgendetwas anderes ist, kann ich leicht auf den Gedanken kommen, dass ich mich mit meinem Bedürfnis zurückziehe, und alleine bin - weil es niemanden interessiert.
Der Erfolg der Einladung zur Meditation zeigt, dass die Menschen neugierig waren, und auch interessiert. Es ist die Haltung, in der wir Menschen mit unseren Bedürfnissen gegenüber treten, die den Unterschied macht. Wenn jemand die Freiheit hat ja oder nein zu sagen, ist allen geholfen. Wer dann dabei ist, ist gern dabei.
Übung:
Wo kann ich in den nächsten Tagen einem Bedürfnis von mir durch eine Einladung Ausdruck geben?
Gelingt es mir zu achten, dass diese Einladung vielleicht nicht angenommen wird.
Gelingt es mir nicht darüber zu spekulieren, ob das was mit mir zu tun hat, sondern stattdessen - wenn die Einladung nicht angenommen wird bei meinem Gefühl der Traurigkeit zu bleiben, das vielleicht entsteht? Ohne Anspruch, dass etwas anders sein muss, als es gerade ist?
Und gelingt es mir, mich darüber zu freuen, wenn eine Einladung angenommen wird, weil ich dann weiß, daß ich etwas wirklich teilen kann?
Mit jemand, der von sich aus gerne dabei ist.