"Ich werde das Gefühl nicht los...." ist der Titel eines neuen Kabarettprogramms des österreichischen Kabarettisten Klaus Eckel.
Tatsächlich gibt es die Gefühle, die wir nicht los werden. Und das sind leider nie die schönen Gefühle, sondern die, die uns belasten. Die, die wir eigentlich loswerden wollen.
Warum ist das so? Um das zu verstehen, braucht es einen kleinen Blick darauf, wie eigentlich Gefühle in uns entstehen.
Wie entstehen Gefühle in uns
In unserem Gehirn gibt es einen Bereich, das sogenannte emotionale Gehirn, das in Millisekunden Millionen von Informationen einer Situation auswertet. Dann vergleicht es die jetzige Situation mit ähnlichen vorher erlebten Situationen und schaltet darauf hin genau das Gefühl ein, das uns in der Vergangenheit in einer ähnlichen Situation gut geschützt hat. All das passiert unbewusst in Bruchteilen von Sekunden, ohne, daß wir das mitbekommen.
Welches Gefühl ausgewählt wird, das entscheiden nur meine ganz persönlichen Vorerfahrungen. So reagiere ich auf ein und dieselbe Situation emotional anders, als der Mensch, der neben mir steht.
Hatten ich in der Kindheit einen Lieblingshund, reagiere ich auch als Erwachsener mit Freude, wenn ich einen Hund sehe. Wurde ich in meiner Kindheit von einem Hund attackiert, mache ich auch als Erwachsener um gutmütige Dackel noch einen großen Bogen.
In welche Gefühle ich in jeder gegebenen Situation komme, hängt also ganz von meiner Persönlichkeit ab, die durch die Erlebnisse meines Lebens geprägt wurde.
Wie aktiviert das emotionale Gehirn meine Gefühle?
Nur weil das emotionale Gehirn einer Situation ein Gefühl zuordnet, kann ich es noch nicht fühlen. Fühlen kann ich es erst, wenn in meinem Körper bestimmte Muskeln aktiviert werden, die mich in ein Gefühl bringen.
Muskeln sind also nicht nur dafür da, mechanische Vorgänge zu meistern. Sie sind auch unsere Emotionserzeuger. Dazu ein einfacher Selbsttest, für alle, die dieser Information jetzt nicht gleich trauen:
Ich kann etwas nur lustig finden, wenn ich lächle, aber nicht, wenn ich traurig schaue. Ich kann nicht traurig sein, wenn ich lächle. Es ist unmöglich. Durch den ganzen Körper hindurch sind alle Muskeln daran beteiligt durch Anspannung und Entspannung Gefühle zu erzeugen. Die Mimik ist daran genauso beteiligt, wie alle anderen Muskeln des Körpers.
Das fällt uns im Alltag nicht auf, denn der Vorgang bleibt in der Regel unbewusst. Die Gefühle, in die wir kommen, wechseln ständig. Und so wechselt auch unsere Körperhaltung ständig, je nach Gefühl, das wir gerade verkörpern.
Warum bleiben nur die negativen Gefühle hängen?
Bei allen positiven Gefühlen bin ich entspannt und die Muskeln können ruhen. Der Körper ist mit inneren Vorgängen beschäftigt. Er muss für äußere Gefahren keine Energie bereitstellen und den Körper auf einen möglichen Kampf vorbereiten.
Bei allen Konfliktgefühlen wird unser Angstsystem aktiviert. Wir spannen uns an und der Körper bereitet alles für Kampf oder Flucht vor. Das tut er auch heute noch, auch wenn wir soziale Konflikte in der Regel nicht mehr körperlich austragen.
Leider, kann man in gewisser Weise sagen, denn unser biologisches Angstsystem ist sozusagen noch nicht in der Zivilisation angekommen. Ohne körperliche Aktivität kann es Stress und Angst nur sehr schwer abbauen.
Tiere bauen ihre Stresshormone durch die körperliche Auseinandersetzung ab und sind direkt nach dem Konflikt wieder entspannt. Die Anspannungen sind wieder aus den Muskeln gewichen.
Da wir Stress in Konfliktsituationen heute nicht mehr körperlich durch Kampf oder Flucht abbauen, bleibt der Stress sozusagen in uns hängen. In Form von Anspannungen und Verspannungen, die uns in Angstgefühlen halten.
Auch wenn die Situation, mit der ich in Konflikt war, vielleicht schon Stunden hinter mir liegt, bleibe ich oft noch lange in Anspannung und Stress. Ich fühle mich gereizt oder verwundbar, bin nicht richtig anwesend, zerstreut oder unachtsam. Denn die Stresshormone und die Anspannung bleiben im Körper. Und damit die zugehörigen Gefühle.
Bleibe ich über lange Zeit in einer Anspannung oder erlebe die gleiche Anspannung immer wieder, kommt es im Körper zu Verspannungen. Einfach, weil die Muskeln sich nach einer Zeit nicht mehr lösen. Sie verkleben sozusagen in der Anspannung. Und damit werde ich permanent in Angstgefühlen gehalten. Diese Gefühle werden dann zu einem Teil meiner Persönlichkeit.
Der verspannte Körper lässt mich dann aus diesen Gefühlen nicht mehr raus. Je verspannter ich bin, desto mehr bin ich mit mir und anderen in Konflikt. Meine Fähigkeit mit mir und anderen in Beziehung zu gehen, wird dadurch kleiner, was wieder den Stresslevel habt.
So mache ich durch Verspannungen die Erfahrung, "daß mich das Gefühl nicht los lässt..."
Wie komme ich da wieder raus?
Da Gefühle über den Körper erzeugt werden, komme ich interessanterweise über den Körper auch wieder aus ihnen heraus. Indem ich nämlich die Verspannungen löse und der Körper wieder in sein ursprüngliches Gleichgewicht zurück findet.
Ein Weg ist, daß ich mich körperlich verausgabe. Das nutzt mein Körper auch Stunden nach einem Konflikt noch dazu, Stresshormone effektiv in mir abzubauen.
Ein anderer Weg, dieses Gleichgewicht wiederzufinden ist, regelmäßig achtsames Yoga zu üben. Wie das geht, dazu gibt es in diesem Blog einige Beiträge. Im Bereich Übung habe ich ein link zu achtsamem Yoga angeführt. Damit kann jeder für sich mithilfe einer einfachen Audioanleitung erste Erfahrungen sammeln, wie es sich anfühlt, aus dem harten, verspannten Körper in mehr Weichheit und ins Loslassen zu kommen.
Neben der Frage, "wie komm ich da wieder raus?" ist die entscheidende Frage: "Wie kann ich mich verhalten, daß ich da gar nicht erst reinrutsche?"
Wie rutsche ich da gar nicht erst rein?
Die Haltung der Achtsamkeit als Ganzes hat einen großen Fundus an Strategien, durch die ich lernen kann, Stress und Angst in meinem Leben in einer anderen Haltung zu begegnen.
Wo das gelingt, stelle ich fest, daß ich auf viele Situationen, die mir immer Angst gemacht haben, anders reagieren kann. Dadurch finde ich aus gelernten Beziehungsmustern raus und kann lernen Situationen, die mich belasten, gelassener zu begegnen.
Wie das im Einzelnen funktioniert, dazu gibt es in vielen Beiträgen in diesem Blog konkrete Übungen, durch die ich lernen kann, meinem Leben in einer achtsamen Haltung zu begegnen.
Wer daran interessiert ist, tiefer in eine achtsame Haltung zu finden, als das über Bücher oder Blogs möglich ist, dem empfehle ich den Besuch eines Achtsamkeitsworkshops. Diese Workshops vertiefen die Haltung in der Regel sehr nachhaltig.
Übung
Wen das heutige Thema interessiert, weil er gern raus möchte aus den Gefühlen, die er loswerden will, für den erwähne ich hier noch ein link zu einem anderen Blog Beitrag zum Thema achtsames Yoga:
Dort findet sich nicht nur ein kleiner Text, sondern auch Audio Anleitungen, um in Bezug auf das Thema gleich erste direkte Erfahrungen machen zu können.