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Innehalten, wenn alles anders wird


Inehalten, wenn alles anders wird, Achtsamkeit Blog

Wir sind meist im Fluss unseres Lebens und stellen uns nur selten ans Ufer, um dem Leben von außen zuzuschauen. So gehen wir manchmal von einem Lebensabschnitt in den nächsten, ohne anzuhalten, innezuhalten, zurückzuschauen. Und ohne uns selbst zu begegnen.


Wo immer es solche Einschnitte gibt, sieht man Jahre später, was ab da alles anders war. Man sieht es ganz deutlich in der eigenen Lebenslinie, daß es Ereignisse gibt, die das Leben verändern. Brüche in der eigenen Biografie und auch in der Gesellschaft, in der wir leben.


Etwas Altes hört auf. Etwas Neues beginnt. Mit diesen Veränderungsprozessen ändert sich immer auch ein Stück Identität, Lebensgefühl und Selbstverständnis.


Manchmal betrifft mich diese Frage ganz persönlich. Das Ende des Studiums, eine Trennung, ein Umzug, ein Todesfall, eine neue Liebe, ein Kind, ein Unfall....


Wenn alles anders wird, tut es gut mit diesen Fragen zu sein: Wer war ich? Wer bin ich? Wer möchte ich sein?


Dabei geht es um mehr, als mich nur zu fragen, was kommt als Nächstes, was werde ich tun?


Es geht darum zu fragen: Wie habe ich mich gefühlt? Was fühle ich jetzt? Was sind meine Bedürfnisse? Was ist mir wichtig? Was nährt mich? Was sind meine Werte?


Manchmal betrifft diese Frage eine ganze Gesellschaft.


Unsere Welt ist nicht mehr die Gleiche


Die letzten 10 Jahre sind eine Zäsur. Unsere Welt ist nicht mehr die gleiche nach Wirtschaftskrise, 9/11, dem islamischen Staat, der Flüchtlingswelle. Wir sind mitten im Erleben eines Planeten, dessen natürliche Systeme zusammenbrechen - und jetzt hält das Corona Virus den ganzen Planeten in seiner Geschäftigkeit an.


Die Fragen, die wir uns stellen, entscheiden darüber, welchen Teil unserer Identität wir mitnehmen in die Zukunft und wie wir unsere Entscheidungen ausrichten.


Um diese Fragen wirklich beantworten zu können, ist es wichtig langsamer zu werden, sich selbst zu spüren und sich mit dem eigenen Herz zu verbinden. Sich Zeit zu lassen ins Unbekannte hinein zu horchen und leise und aufmerksam genug zu sein, um zu hören was aus der Stille aufsteigt, während ich mich spüre.


Wir haben uns heute daran gewöhnt, Dinge schneller zu machen als unsere Wahrnehmung sie verarbeiten kann. Dinge schneller zu machen, als wir sie fühlen können.


Langsam werden, wahrnehmen


Mir hat immer die Geschichte vom Indianer gefallen, der im Zug zu Friedensverhandlungen nach Washington gebracht wurde. Am Bahnhof in Washington ist er ausgestiegen und einfach sitzen geblieben. Auf die Frage, warum er nicht weiter geht, hat er geantwortet, daß er erst warten muss, bis seine Seele angekommen ist.


Diesem Mann war klar, daß es viele Eindrücke gab, die er erst mal emotional verarbeiten muss, bevor er ganz anwesend sein kann. Diese Weisheit ist uns verloren gegangen. Diese Weisheit, mit unserer eigenen Wahrnehmung in Einklang zu leben und die einfache menschliche Würde, die damit verbunden ist.


Wir leben heute nicht mehr in Einklang mit der Natur, weil wir zu sehr damit beschäftigt sind, sie uns untertan zu machen. Und wir leben nicht mehr in Einklang mit unserer eigenen Natur, weil wir uns nicht mehr spüren und nicht mehr unseren Werten entsprechend handeln.


Das wird einem schmerzlich bewusst, wenn man versucht Kindern die Welt zu erklären.


Dann kommt ein Gefühl der Scham und ein Gefühl, die eigene Unschuld verloren zu haben und das eigene Kind davor nicht beschützen zu können.


Mit den Fragen sein


Der Virus erzeugt eine Pause. Alles scheint still zu stehen und die Zukunft ist auf einmal eine Unbekannte, die mit Fantasien gefüllt wird.


Wer war ich? Wer möchte ich sein? Wie möchte ich leben? Was sind meine Bedürfnisse? Was sagt mein Herz?


Für diese Fragen ist jetzt Zeit.


Als wir als Kultur noch nicht so beschleunigt waren, gab es ein Trauerjahr in Schwarz, bevor der nächste Schritt ins neue Leben gesetzt wurde. Ein Innehalten. Einen Stillstand im Niemandsland.


So ein Trauerjahr schafft Verbindung mit dem was war, mit dem was ist und mit dem was sein wird. Und es tut nicht so, als könnte man jetzt gleich weitermachen, als wäre nichts passiert.


Wer war ich?


Wer möchte ich sein?


Wie möchte ich leben?


Was sind meine Bedürfnisse?


Was sagt mein Herz?


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