Der Roman "1984" von George Orwell spielt in einer fiktiven Diktatur, die ihre Bürger permanent überwacht und dadurch gefügig hält. Das unten angehängte Video mit dem Titel "Beyond Orwell" zeigt auf der einen Seite, dass sich Orwells Utopie des autoritären Überwachungsstaats so bei uns nicht erfüllt hat. Der Film wirft aber die Frage auf, ob die in den letzten Jahrzehnten entstandene Ideologie des Konsums und die Werte, die damit verbunden sind, unser Leben nicht ebenso omnipräsent und totalitär bestimmt wie die Diktatur in Orwells Utopie.
Zahllose Produkte, die zum Kauf verführen, eine Flut von ständig verfügbaren Unterhaltungsmöglichkeiten, die Allgegenwart des Mobiltelefons und sozialer Medien, die unsere Gewohnheiten scannen und uns mit maßgeschneiderter Information und Werbung versorgen - all das erinnert an eine totalitäre Utopie.
Die Ideologie des Konsums hat eine Ablenkungskultur mit endlosen Reizen geschaffen, in der es immer schwerer fällt zu sich zu kommen und sich selbst zu begegnen. Beyond Orwell thematisiert, wie das Glücksversprechen des Konsums dem Finden des ganz persönlichen Sinns im Leben im Weg steht.
Aldous Huxley, ein britischer Schriftsteller der gleichen Generation wie George Orwell hat ein schönes Zitat hinterlassen, indem er diese Entwicklung vorher gesehen hat:
"Die perfekte Diktatur würde eine Demokratie sein, aber im Grunde ein Gefängnis, in der die Insassen nicht mal davon träumen zu entkommen. Es wäre ein System der Sklaverei, in dem durch Konsum und Unterhaltung die Sklaven ihre Knechtschaft lieben würden."
Wir werden zu Zuschauern des Lebens
Eine interessante Beobachtung des Films:
Durch die Allgegenwärtigkeit von Konsum werden wir ohne es bewusst wahrzunehmen, zu Zuschauern des Lebens. Zu Menschen, die immer mehr konsumieren und immer weniger selber leben und in der eigenen Realität anwesend sind. Wir werden zu Menschen, die über soziale Medien die geschönte Version ihres Lebens mit anderen teilen, statt sich wirklich zu begegnen. Konsum erzeugt überall geschönte Oberflächen, die Status repräsentieren und den Wert des Besonderen vor das Alltägliche stellen. In der Überfülle des Konsums wird nur noch der Superlativ sichtbar und wir orientieren uns mehr und mehr nach diesem Superlativ, weil alles andere überfordert.
Was ist die Alternative zu dieser Entwicklung, in der wir uns täglich von schönen Oberflächen verführen lassen, aber nicht mehr in der Tiefe in Beziehung gehen?
Wir haben die Wahl
Der Film "Beyond Orwell" gibt einen Ausblick, wie wir uns wieder bewusst mit unserem Leben verbinden und uns selbst wieder spüren können.
Solange wir anderen Leuten dabei zuzuschauen, wie sie miteinander reden und kochen und Sport machen, Musik spielen, Sex haben und ihr Leben leben, sind wir nichts weiter als passive Zuschauer des Lebens, das wir auch selbst leben könnten.
Die Alternative ist, Dinge wieder real zu erleben und dabei Fernseher, Computer, Mobiltelefon und die Welt der Produkte ganz bewusst zur Seite zu stellen. Wieder ganz real leben und dabei entdecken, welche Werte einem auf der Suche nach einem guten Leben wirklich wichtig sind. Sich bewusst zu werden, was einem "wirklich" guttut und das dann auch zu tun, ist für mich ein wesentlicher Teil der bewussten Konsumaskese.
Konsum hat ein Glücksversprechen, das sich nicht erfüllt. Tiefe menschliche Befriedigung und Sinn im Leben kommt nur aus gelungenen Beziehungen. Sei es zu Menschen oder zu Beschäftigungen, mit denen ich mich in der Tiefe auseinandersetze und die "für mich ganz persönlich" meinem Leben einen Sinn geben.
Frei nach dem Motto: "Die besten Dinge im Leben sind keine Dinge."
In diesem Sinn wünsche ich eine spannende Entdeckungsreise mit dem Film.