Der Titel dieses Blogbeitrags mag aufs Erste irritieren. Natürlich reagiere ich, wenn mir jemand weh tut. Ich muss mich ja wehren, mich verteidigen, darf das nicht mit mir machen lassen, muss mich abgrenzen, ich will kein Opfer sein.......
Diese Gefühle werden ganz schnell ausgelöst.
Doch ich übersehe in diesem schnellen Reagieren aus dem Affekt ganz viele Dinge, die mich in dem Moment mit mir selbst und anderen in Konflikt bringen.
Abgrenzen mit Reaktivität trennt die Beziehung zu meinem Gegenüber.
Dabei ist die ganze Idee von guter Grenze, dass sie mich mit meinem Gegenüber verbindet. Mich gut abzugrenzen bedeutet, mich zu zeigen und zu mir zu stehen, statt mich zu verstecken oder anzugreifen.
Im Affekt, in der Reaktivität, bin ich in Millisekunden in einer Angstreaktion, die mich von mir selbst trennt. Ich bin dann in meinen Gefühlen verengt und verliere Selbstmitgefühl und Mitgefühl. Das, was ich tue oder sage, tut mir nachher oft leid und im Affekt bin ich blind dafür, wie ich den anderen gerade verletze.
Nicht reagieren - was bedeutet das eigentlich?
Nicht reagieren bedeutet, nicht aus dem Affekt zu reagieren, sondern aus einem Zustand heraus, in dem ich wieder in meine Mitte gefunden habe, zu agieren. Aus einem Zustand heraus, in dem ich wieder gut bei mir bin.
Denn nur in diesem Zustand ist mein innerer Freund aktiv. Ich habe dann Verständnis und Mitgefühl mit mir selbst und das führt dazu, dass ich auch meinem Gegenüber wieder mit Verständnis und Mitgefühl begegnen kann. So kann ich gut in Beziehung gehen. Das, was mich verletzt hat und ich selbst werden dabei sichtbar. Im Affekt bleiben meine Verletzung und ich unsichtbar.
Im Affekt regieren der innere Kritiker und der äußere Richter. Die Fähigkeit zu Mitgefühl ist biologisch abgeschalten. Ich komme im Affekt ganz schnell in Konflikte, die von Dominanz und Unterordnung bestimmt sind, von gegenseitiger Verletzung und der Erfahrung, allein und unverstanden zu sein.
Zu wissen, wie wichtig es ist, wieder zu mir zu kommen und wie das geht, ist eines der ganz zentralen Themen der Achtsamkeit. Und selten habe ich diese Themen so schön zusammengefasst gesehen, wie durch Brenee Brown in diesem kleinen Video.
Aus meiner Sicht eines der wichtigsten Themen überhaupt, wenn es um gelungene Beziehungen geht. Zu lernen, nicht aus der Angst heraus zu reagieren, sondern aus der Verbundenheit mit sich selbst heraus zu agieren.
Zu den englischsprachigen Videos auf YouTube: Man kann am unteren Bildrand Untertitel zuschalten und in den Einstellungen auch eine automatische Übersetzung auf Deutsch machen lassen.