So oft finde ich mich in Situationen wieder, in denen ich sehr emotional reagiere und dadurch in Konflikt komme. Ich habe mir angewöhnt, diese Situationen zu erforschen und zu schauen, ob ich in eine andere Haltung kommen kann, die mich besser in Beziehung mit mir selbst und anderen bringt.
Da gibt es Vieles, das mir mittlerweile hilft. Eines davon ist, dass ich aufgehört habe, eine Frage zu stellen, die in unserer Kultur so verbreitet ist.
Die Frage nach dem "Warum?"
Die Frage nach dem Warum führt in die Irre
Warum geht es mir so? Warum habe ich so reagiert? Warum konnte ich das nicht so oder so machen?
Diese Frage geht davon aus, dass ich ergründen könnte, was die Gründe für ein Gefühl sind. Doch meine emotionale Steuerung ist so komplex und so unbewusst, dass eine Unzahl von Situationen in meiner Vergangenheit zusammen erzeugt, wie ich in jeder gegebenen Situation fühle und daher reagiere.
Die Antwort auf die Frage warum lässt mich in meinen Gedanken hängen und findet im besten Fall eine Erklärung, die dann aber in der Tiefe nie stimmt. Und sogar wenn ich ergründen kann, warum ich so fühle, wie ich fühle, würde in dieser Erkenntnis noch keine Lösung liegen.
Aber es gibt eine andere Frage, die weiter führt und konstruktiv ist.
Was war es genau, dass....
Wenn ich mich selbst besser verstehen möchte, führt eine andere Frage zu Selbsterkenntnis: "Was war es genau, dass mein Gefühl, meine Reaktion ausgelöst hat?" Wenn ich mich vor meinem inneren Auge wieder mit der Situation verbinde, die ich erlebt habe, dann wird recht schnell klar, "was" meine Emotion ausgelöst hat.
In der Regel ist es ein äußerer Reiz, der mir als Erstes auffällt. Etwas, was jemand anderer gemacht oder gesagt hat.
Wenn ich dieses Element entdeckt habe, habe ich ein Stück Selbsterkenntnis, das ich für mich nutzen kann. Ich entdecke dann oft, dass ich mit einer Situation oder Begegnung per se gar kein Problem habe. Oft entdecke ich eine ganz spezifische Angst oder eine eigene Haltung, die in mir ein unangenehmes Gefühl erzeugt.
Auch wenn ich in eine Krise komme, frage ich mich weniger nach dem Warum, sondern achte darauf, wann sie begonnen hat. Was ist da genau passiert? Und was an dem genau hat mich aus meinem Gleichgewicht geworfen?
Dieses genaue "mir selbst bewusst werden" ist eine Stärke der Achtsamkeit. Denn wenn ich den Reiz kenne, der mir Probleme verursacht, kann ich mir überlegen, wie ich diesem Reiz anders begegnen oder genau diesen Reiz in der Zukunft umgehen kann. Ich kann mir überlegen, ob es einen anderen Weg, eine andere Lösung gibt.
Auf diese Weise kann ich lernen, mit meinem Bewusstsein meine emotionale Erfahrung zu erforschen und ein Stück weit zu regulieren.
Die Selbsterkenntnis vertiefen
Ich kann diese Frage nach dem "Was ist es genau, dass...." dann noch vertiefen.
Bei dem, was ich da entdeckt habe - was ist es wiederum "genau", was mir daran Angst macht? Seit wann kenne ich dieses Gefühl? Wann habe ich dieses Gefühl in so einer Situation das erste Mal erlebt?
Frage ich in der Weise nach, wird mir etwas, was bislang ein unbewusster Vorgang ist, langsam aber sicher bewusst.
Manchmal komme ich in die Erkenntnis, dass sich mein Gefühl eigentlich gar nicht auf die jetzige Situation bezieht, sondern auf etwas, was lang vergangen ist.
Wird mir das bewusst, bekomme ich ein Stück Freiheit, mich von dieser alten emotionalen Reaktion zu lösen.
Übung:
Die Übung liegt ganz einfach darin, in der nächsten Woche die Frage nach dem "Warum" durch die Frage "Was ist es genau, dass dieses Gefühl in mir auslöst" zu ersetzen und zu schauen, wohin dich diese Frage bringt.
Ich wünsche dir, dass dir diese Frage hilft, dich selbst besser zu verstehen und eine größere Freiheit zu bekommen, mit Situationen anders umzugehen.