Small Talk ist etwas, vor dem viele Menschen Angst haben. Habe ich Angst, weiche ich der Situation aus, verstecke mich, schaue niemandem in die Augen, wenn ein lockeres Gespräch beginnt, in dem ich selbst gar nicht locker bin.
Hinter der Angst vor Small Talk steckt meist in der Tiefe die Angst davor, bewertet und beurteilt zu werden - nicht genug zu sein. Nicht klug genug, nicht lustig genug, nicht originell und schlagfertig genug, nicht tiefsinnig genug, ..... auf jeden Fall nicht genug.
Mein Fokus ist dabei ganz bei mir und meiner scheinbaren Unfähigkeit, in einer solchen Situation gut bestehen zu können.
Ich möchte gefallen und interessant sein
Ich möchte gefallen, gut ankommen, beim Gegenüber einen guten Eindruck hinterlassen. Doch die Angst, das nicht zu können, läßt mich angespannt sein. Durch die Anspannung verliere ich Spontaneität und Leichtigkeit und fühle mich beobachtet, denn meine Anspannung und Unsicherheit merkt sicher jeder.
So wird die Ängstlichkeit, mit der ich in das Gespräch gehe, zu einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung. Mir fällt durch meine Angst nämlich tatsächlich nichts ein - und das nehme ich dann zum Anlass über mich selbst zu urteilen und mich klein zu machen. Wenn diese Dinge zusammen wirken, kommt noch die Scham dazu, die meinen Rückzug verstärkt.
Dieser ganze Kreislauf wird interessanterweise durch den Fokus auf mich selbst ausgelöst. Ich bin die ganze Zeit nur bei mir. Mein Gegenüber kriege ich kaum mit. Und da ich mit der Überzeugung in die Situation gehe, nicht bestehen zu können, sucht dieses Gefühl sozusagen nach Beweisen dafür, dass es so ist. Ein Teufelskreis.
Wie kann ich da auf einfache Art und Weise raus kommen?
Wer ist mir sympathisch und für wen interessiere ich mich?
Eine der wesentlichsten Erkenntnisse der Achtsamkeit ist, dass der Fokus die Wahrnehmung bestimmt. Der Fokus bestimmt auch unsere Gefühle. Es ist egal, ob mir etwas begegnet, wovor ich Angst habe oder ob ich an etwas denke, was mir Angst macht - es löst das gleiche Gefühl aus.
Im Umkehrschluss ist es so, dass ich in andere Gefühle komme, wenn es mir gelingt, einen anderen Fokus zu finden. Und das ist zuerst mal ein bewusster Entschluss - eine bewusste Haltung, mit der ich auf eine Situation zugehen kann.
Die Idee für entspannteren Small Talk ist, ganz bewusst in einen Raum zu gehen und zu schauen, wer mir sympathisch ist und für wen ich mich interessiere. Die Idee ist, mit dem Fokus überall zu sein, nur nicht bei mir selbst. Wenn ich mit jemandem zusammen stehe - was interessiert mich an dieser Person? Worauf bin ich neugierig?
Statt in mir zu sein und alte Ängste in mir zu bestätigen, gehe ich ganz bewusst aus mir heraus. Wann immer die Aufmerksamkeit zu mir zurückkommt, lenke ich sie wieder bewusst nach außen.
Genauso wie der Angstfokus sorgt auch dieser Fokus dafür, dass ich in bestimmte Gefühle komme. Diese Gefühle sind mit Verbindung, Zugehörigkeit und Entspannung verbunden. In dieser Haltung wirke ich auf andere offen, einladend, zugänglich, interessiert und ich bin besser mit meiner Intuition verbunden. Dadurch dass ich durch den gewählten Fokus weniger Angst habe, bin mehr ich selbst. In dieser Haltung ist es viel natürlicher spontan zu antworten, mich zu zeigen und Teil eines Gesprächs zu werden.
Das, worüber ich rede, sind dann auch viel weniger oberflächliche Themen wie das Wetter oder die Politik. Ich interessiere mich dann tatsächlich für jemanden. Und das bringt eine ganz andere menschliche Verbindung. So können auch kurze Begegnungen sehr tief in Beziehung führen.
Übung:
Beim heutigen Blogbeitrag ist es ganz klar, was die Übung ist. Es gibt nichts Gutes, außer man tut es, heißt es so schön. Denn wir lernen tatsächlich nur durch Erfahrung. Das gilt vor allem für alle Erfahrungen, die unsere Gefühlswelt betreffen.
Wenn Small Talk für dich schwierig ist, dann probiere aus, wie du dich fühlst, wenn du "ganz bewusst" den Fokus von dir weg nach außen legst und genau darauf achtest, wohin dein Interesse geht, was dich neugierig macht, womit du in Resonanz gehst. Im ersten Schritt ist das vielleicht schon alles, was passiert. Du sagst vielleicht den ganzen Abend nichts, wie sonst auch. Aber du kannst dich nachher fragen, wie du dich gefühlt hast. Das ist das Entscheidende.
Denn wenn du dich freier und leichter gefühlt hast, dann ist das der erste Schritt dazu, dass du bei der nächsten Gelegenheit auch etwas sagen kannst.
Wie wirkt es auf dich, wenn du jemanden oder etwas interessant findest, statt dich zu fragen, ob du für die anderen interessant wirkst?
Sei aufrichtig interessiert an einer Person, an dem, was sie macht, wie sie auf Dinge schaut, wie sie denkt und fühlt, wen sie kennt, was sie interessiert und motiviert - und "du wirst interessant".
Das ist die Entdeckung, wenn du bewusst deinen Fokus nach außen richtest.